Zwei Gewerkschafter weiterhin in Haft

Reza Shahabi

Reza Shahabi

Mansour Ossanlu, Vorsitzender einer unabhängigen, von den Behörden nicht anerkannten Gewerkschaft, ist am 2. Juni 2011 aus medizinischen Gründen aus dem Gefängnis von Reja’i Shahr entlassen worden. Gholamreza Gholamhosseini, ein weiteres Mitglied der Gewerkschaft, war bereits am 27. April gegen Kaution in Höhe von umgerechnet rund 30.000 US-Dollar frei gekommen. Zwei Gewerkschafter befinden sich hingegen noch immer in Haft.

Appell an

OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT
Ayatollah Sadegh Larijani
Office of the Head of the Judiciary
Pasteur Street, Vali Asr Ave., south of Serah-e Jomhouri
Tehran 1316814737, IRAN
(korrekte Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail:info@dadiran.ir oder bia.judi@yahoo.com

OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT VON TEHERAN
Ali Reza Avaei
Karimkhan Zand Avenue
Sana’i Avenue, Corner of Alley 17, No. 152
Tehran, IRAN
(korrekte Anrede: Dear Mr Avaei / Sehr geehrter Herr Avaei)
E-Mail: avaei@Dadgostary-tehran.ir

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STAATLICHE MENSCHENRECHTSBEHÖRDE
Mohammad Javad Larijani
High Council for Human Rights
c/o Office of the Head of the Judiciary
Pasteur St, Vali Asr Ave., south of Serah-e Jomhuri, Tehran 1316814737, IRAN
E-Mail: info@humanrights-iran.ir
(Betreff: FAO Mohammad Javad Larijani)

BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
S.E. Herrn Alireza Sheikh Attar
Podbielskiallee 65-67, 14195 Berlin
Fax: 030-8435 3535
E-Mail: iran.botschaft@t-online.de oder
info@iranbotschaft.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 15. Juli 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich begrüße die Freilassung von Mansour Ossanlu und Gholamreza Gholamhosseini und fordere Sie auf, keinen der beiden Männer wegen ihres gewaltfreien gewerkschaftlichen Engagements erneut in Haft zu nehmen.

  • Ich fordere Sie höflich auf, Reza Shahabi Zakaria und Ebrahim Maddadi unverzüglich und bedingungslos frei zu lassen, da beide Männer allein aufgrund ihrer friedlichen Gewerkschaftsaktivitäten in Haft gehalten werden

  • Ich möchte Sie bitten, Ihren Verpflichtungen nachzukommen und das Recht auf Bildung von und Mitgliedschaft in unabhängigen Gewerkschaften anzuerkennen.

Sachlage

Reza Shahabi Zakaria, Schatzmeister der Gewerkschaft des Buslinienverkehrs im Großraum Teheran (Sherkat-e Vahed), ist weiterhin in Trakt 209 des Teheraner Evin-Gefängnisses inhaftiert. Der Gewerkschafter hatte sich wegen "Propaganda gegen das System" sowie "Verschwörung gegen die Staatssicherheit" vor einer Kammer des Revolutionsgerichts in Teheran verantworten müssen. Sein Prozess endete am 25. Mai 2011. Nach Auskunft des Rechtsanwalts von Reza Shahabi Zakaria bereitet die Staatsanwaltschaft eine weitere Anklageschrift gegen seinen Mandanten vor, weil er Kontakt zu den Volksmudschaheddin (People’s Mojahedin Organization of Iran – PMOI) unterhalten haben soll, einer im Iran verbotenen Oppositionsgruppe. Ebrahim Maddadi (Schreibweise zum Teil auch Madadi), stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Sherkat-e Vahed, verbüsst derzeit wegen "Verstoßes gegen die Staatssicherheit" eine dreijährige Freiheitsstrafe, die in rund drei Monaten auslaufen wird. Amnesty International geht davon aus, dass es sich bei beiden Männern um gewaltlose politische Gefangene handelt, die sich allein aufgrund ihrer friedlichen gewerkschaftlichen Aktivitäten in Haft befinden. Reza Shahabi Zakaria und Ebrahim Maddadi müssen unverzüglich und bedingungslos freigelassen werden.

Am 2. Juni berichtete Parvaneh Ossanlu, Ehefrau von Mansour Ossanlu, ihrem Mann sei aus medizinischen Gründen ein Hafturlaub von vier Tagen gewährt worden, um sich in ärztliche Behandlung begeben zu können. An welche konkreten Bedingungen der Hafturlaub geknüpft ist, entzieht sich der Kenntnis von Amnesty International. In einigen Berichten hieß es, Mansour Ossanlu sei gegen Kaution freigelassen worden.

Der Iran ist Vertragsstaat des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte. Darin ist in Artikel 22 (1) ausgeführt: "Jedermann hat das Recht, sich frei mit anderen zusammenzuschließen sowie zum Schutz seiner Interessen Gewerkschaften zu bilden und ihnen beizutreten." In Artikel 8 des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, dessen Vertragsstaat der Iran ebenfalls ist, heißt es: "Die Vertragsstaaten verpflichten sich, folgende Rechte zu gewährleisten: a) das Recht eines jeden, zur Förderung und zum Schutz seiner wirtschaftlichen und sozialen Interessen Gewerkschaften zu bilden oder einer Gewerkschaft eigener Wahl allein nach Maßgabe ihrer Vorschriften beizutreten."

[EMPFOHLENE AKTIONEN]

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich begrüße die Freilassung von Mansour Ossanlu und Gholamreza Gholamhosseini und fordere Sie auf, keinen der beiden Männer wegen ihres gewaltfreien gewerkschaftlichen Engagements erneut in Haft zu nehmen.

  • Ich fordere Sie höflich auf, Reza Shahabi Zakaria und Ebrahim Maddadi unverzüglich und bedingungslos frei zu lassen, da beide Männer allein aufgrund ihrer friedlichen Gewerkschaftsaktivitäten in Haft gehalten werden

  • Ich möchte Sie bitten, Ihren Verpflichtungen nachzukommen und das Recht auf Bildung von und Mitgliedschaft in unabhängigen Gewerkschaften anzuerkennen.

[APPELLE AN]

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Hintergrundinformation

Hintergrund

Die Gewerkschaft der MitarbeiterInnen des Buslinienverkehrs im Großraum Teheran (Sherkat-e Vahed) wurde nach der islamischen Revolution 1979 verboten. 2004 nahmen ArbeiterInnen die gewerkschaftlichen Aktivitäten wieder auf, obwohl man sie nicht offiziell anerkannte. Am 22. Dezember 2005 verhaftete die Polizei zwölf führende GewerkschafterInnen in ihren Privatwohnungen, darunter auch Mansour Ossanlu; vier von ihnen ließ sie kurz darauf wieder frei. Weitere GewerkschafterInnen wurden am 25. Dezember 2005 festgenommen, nachdem sie in einen Streik getreten waren, um die Freilassung ihrer KollegInnen zu fordern. Hunderte weitere Personen wurden während eines erneuten Streiks im Januar 2006 festgenommen (siehe auch UA-008/2006 und UA-026/2006).

Die Festnahme von Reza Shahabi erfolgte im Juni 2010. Drei Tage zuvor war bereits Saeed Torabian verhaftet worden, Sprecher der Gewerkschaft Sherkat-e Vahed. Nach mehreren Wochen Haft ohne Kontakt zur Außenwelt konnte sich Reza Shahabi schließlich mit seiner Familie in Verbindung setzen und sie darüber informieren, dass er im Evin-Gefängnis in Teheran einsitzt. Nachdem die Behörden mitgeteilt hatten, Reza Shahabi könne gegen Kaution freikommen, zahlte seine Familie die geforderte Summe von 600 Millionen Rial (umgerechnet rund 34.000 Euro). Daraufhin verlangten die Behörden eine weitere Geldsumme in doppelter Höhe. Aus Protest gegen die Fortdauer seiner Haft trat Reza Shahabi am 4. Dezember 2010 in den Hungerstreik. Sieben Tage später musste er wegen seines angegriffenen Gesundheitszustands in ein Krankenhaus eingeliefert werden. Am 19. Dezember 2010 beendete Reza Shahabi schließlich seinen Hungerstreik. Sein derzeitiger Haftort ist vermutlich Trakt 209 des Evin-Gefängnisses, welcher der Kontrolle des Geheimdienstministeriums untersteht.

Nach fünf Jahren Haft im Gefängnis Reja’i Shahr in der nahe Teheran gelegenen Stadt Karaj musste sich Mansour Ossanlu in einem Gerichtsverfahren im August 2010 neuer Anklagen erwehren. Das Gericht verurteilte ihn zu einem weiteren Jahr Freiheitsentzug. Die erbärmlichen Haftbedingungen trugen zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustands von Mansour Ossanlu bei. Am 6. Mai 2011 wurde er zur Behandlung seines Arterienverschlusses aus dem in Karaj gelegenen Gefängnis Reja’i Shahr in eine nicht näher bezeichnete Privatklinik gebracht. Am 21. Mai 2011 verlegten die Behörden Mansour Ossanlu zurück in das Gefängnis Reja’i Shahr.

Im Anschluss an die Streikaktionen im Jahr 2005 waren Saeed Torabian und Reza Shahabi fast vier Jahre lang ohne Bezüge vom Dienst suspendiert worden. Nachdem sich das Verwaltungsgericht mit ihrem Fall befasst hatte, erhielten beide Männer ihren Arbeitsplatz zurück. In die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts fallen unter anderem Beschwerden gegen Regierungsangestellte.

In jüngster Zeit wurden weitere GewerkschafterInnen festgenommen oder schikaniert, darunter Mitglieder der Gewerkschaft der Haft Tapeh Sugar Cane Company (HTSCC), die ebenfalls nicht von den Behörden anerkannt wird. Reza Rakhshan, der Vorsitzende der Gewerkschaft, trat am 3. Januar 2011 eine Haftstrafe von sechs Monaten an, die ein Berufungsgericht wegen des "Verbreitens von Lügen" gegen ihn verhängt hatte. Zuvor war er von einem anderen Gericht von der Anklage freigesprochen worden, die anscheinend mit einem von ihm im Dezember 2009 verfassten Artikel in Zusammenhang steht. Der Artikel trug die Überschrift "Wir sind eine Familie". Reza Rakhshan kritisierte darin die Festnahmen und Schikanierungen seiner KollegInnen. Am 18. November 2010 verurteilte das Berufungsgericht von Ahvaz drei Mitglieder der Gewerkschaft HTSCC zu einer Gefängnisstrafe von sechs Monaten. Behrouz Nikoufard, Alireza Sa’eedi und Behrouz Molazadeh wurden Berichten zufolge der "Beleidigung des Religionsführers" schuldig befunden; bislang soll aber keiner von ihnen seine Haftstrafe angetreten haben.

Rasoul Bodaghi ist Mitglied der Lehrergewerkschaft Teachers’ Trade Association (ITTAs), die dem Verband Education International (EI) angeschlossen ist. Der im September 2009 festgenommene Mann verbüßt im Gefängnis Reja’i Shahr in Karaj nahe Teheran eine Gesamtstrafe von sechs Jahren Haft, zu der er im August 2010 verurteilt worden war. Ein Gericht hatte ihn wegen "Propaganda gegen das System" zu einem Jahr Freiheitsentzug und wegen "Gefährdung der nationalen Sicherheit" zu weiteren fünf Jahren Haft verurteilt. Beide Anklagepunkte enthalten äußerst vage Formulierungen. Darüber hinaus wurde es Rasoul Bodaghi für fünf Jahre untersagt, sich zivilgesellschaftlich zu engagieren. Am 22. Mai 2011 traten mehrere politische Gefangene aus Protest gegen ihre Behandlung und die Haftbedingungen in der Strafvollzugsanstalt Reja’i Shahr in den Hungerstreik. Mit ihrer Aktion wollten sie unter anderem auf das Verbot von Besuchen und Telefonaten aufmerksam machen. Rasoul Bodaghi wurde am 27. Mai 2011 in Einzelhaft verlegt. Um seine Gesundheit muss gebangt werden.

Im April 2011 wurde Ali Najafi, Mohammad Khani und Saeed Jahanari eine gerichtliche Vorladung zugestellt. Den drei Mitgliedern der Lehrergewerkschaft in der im Nordwesten des Landes gelegenen Stadt Hamadan droht möglicherweise eine Anklageerhebung wegen "Propaganda gegen das System".