Palästinenser ohne Anklage in Haft

Diese Urgent Action ist beendet.

Der palästinensische Zirkuskünstler Mohammad Faisal Abu Sakha ist wieder frei.

Karte Israel

Karte Israel

Der Palästinenser Mohammad Faisal Abu Sakha wird seit dem 14. Dezember 2015 vom israelischen Militär ohne Begründung oder Anklageerhebung in Haft gehalten. Bislang werden ihm keine Besuche von Familienangehörigen erlaubt.

Appell an

MILITÄRSTAATSANWALT
Brigadier General Sharon Afek
Hakirya, Tel Aviv, ISRAEL
(Anrede: Dear Judge Advocate General /
Sehr geehrter Herr Militärstaatsanwalt)
Fax: (00 972) 3 569 4526
E-Mail: Mag@idf.gov.il

KOMMANDANT DER ISRAELISCHEN
VERTEIDIGUNGSSTREITKRÄFTE – WESTJORDANLAND
Major-General Roni Numa
GOC Central Command
Military Post 01149, Battalion 877

Israel Defense Forces, ISRAEL
(Anrede: Dear Major-General Roni Numa /
Sehr geehrter Herr Generalmajor)
Fax: (00 972) 2 530 5741 oder (00 972) 2 530 5724

MINISTER FÜR ÖFFENTLICHE SICHERHEIT
Gilad Erdan
Kiryat Hamemshala, PO Box 18182
Jerusalem 91181, ISRAEL
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 972) 2 584 7872
E-Mail: gerdan@knesset.gov.il

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DES STAATES ISRAEL
S. E. Herrn Yacov-David Hadas-Handelsman
Auguste-Viktoria-Straße 74-76
14193 Berlin
Fax: 030 8904 5555 oder
030 8904 5309
E-Mail: botschaft@israel.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Hebräisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 26. Februar 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte lassen Sie Mohammad Faisal Abu Sakha und alle weiteren Verwaltungshäftlinge frei, sofern sie keiner international als Straftat anerkannten Handlung angeklagt werden und sofort ein faires Gerichtsverfahren erhalten.

  • Stellen Sie bitte sicher, dass Mohammad Faisal Abu Sakha Zugang zu einem Rechtsbeistand seiner Wahl erhält und man ihm Besuche seiner Familie gestattet.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the authorities to release Mohammad Faisal Abu Sakha, and all other administrative detainees, unless they are to be charged with recognizably criminal offences and tried fairly and promptly.

  • Urging them to ensure that he is given access to a lawyer of his choosing and visits from his family.

Sachlage

Mohammad Faisal Abu Sakha wurde am 14. Dezember 2015 von israelischen Soldat_innen festgenommen, als er auf dem Weg von seinem Elternhaus in der Stadt Jenin im besetzten Westjordanland zu seiner Arbeitsstelle in der Palästinensischen Zirkusschule in Birzeit in der Nähe von Ramallah unterwegs war. Die Militärangehörigen nahmen den 23-Jährigen am Kontrollpunkt Zaatara unweit von Nablus fest und brachten ihn in die Hafteinrichtung Hawara. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz teilte den Eltern von Mohammad Faisal Abu Sakha mit, er werde nun im Gefängnis Megiddo im Norden Israels festgehalten. Seine Familie durfte ihn bislang nicht besuchen. Die israelischen Militärbehörden stellten Ende Dezember eine sechsmonatige Verwaltungshaftanordnung gegen Mohammad Faisal Abu Sakha aus, so dass er ohne Anklageerhebung unbefristet in Gewahrsam gehalten werden kann. Den Gefangenen, die auf Grundlage einer derartigen Anordnung inhaftiert sind, wird das Recht verweigert, sich selbst zu verteidigen oder die Rechtmäßigkeit ihrer Inhaftierung wirksam anzufechten, weil die Behörden in den meisten Fällen die gegen die Gefangenen vorliegenden "Beweise" sowohl diesen selbst als auch ihren Rechtsbeiständen vorenthalten. Am 5. Januar 2016 soll ein Militärrichter am Militärgericht Ofer die Haftanordnung überprüft haben. Der Militärrichter kann die Anordnung aufheben, reduzieren oder bestätigen; seine Entscheidung liegt jedoch noch nicht vor. Die Nachrichtenwebseite Al-Jazeera berief sich auf einen Sprecher des israelischen Militärs, der am 5. Januar erklärt haben soll, Mohammad Faisal Abu Sakha werde festgehalten, weil er eine "Gefahr … für die Sicherheit in der Region" darstelle, die Einzelheiten des Falls seien jedoch "geheim".

Die israelischen Behörden wenden seit Oktober 2015 vermehrt Verwaltungshaftanordnungen an: Ende 2015 befanden sich 580 Palästinenser_innen ohne Anklageerhebung oder Gerichtsverfahren in Haft.

Mohammad Faisal Abu Sakha schrieb sich 2007 an der Palästinensischen Zirkusschule ein und wurde 2011 einer ihrer Darsteller. Er unterrichtet außerdem Kindern in Zirkusdisziplinen und hat sich besonders auf Kinder mit Lernschwierigkeiten konzentriert; das sind etwa 30 der über 300 Schülerinnen und Schüler an der Zirkusschule.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die Palästinensische Zirkusschule, die von verschiedenen Hilfsorganisationen und anderen Institutionen, darunter der EU-Kommission, gegründet wurde, hat erklärt, dass es keine Grundlage für die Behauptungen gebe, Mohammad Faisal Abu Sakha stelle ein Sicherheitsrisiko dar. Sein einziges Verbrechen sei es, "Kinder glücklich zu machen", und er habe sein Leben dem Zirkus gewidmet. Die Zirkusschule wurde 2006 gegründet und hat es sich zur Aufgabe gemacht, palästinensischen Kindern und Jugendlichen Zirkusdisziplinen beizubringen und auf diese Weise "das soziale, kreative und physische Potential der Palästinenser_innen zu stärken und ihnen so die Möglichkeit zu geben, konstruktive Mitglieder der Gesellschaft zu werden".

Im Alter von 17 Jahren wurde Mohammad Faisal Abu Sakha von israelischen Sicherheitskräften festgenommen und einen Monat lang in Haft gehalten, weil man ihm vorwarf, im Alter zwischen 12 und 14 Jahren Steine auf einen israelischen Militärjeep geworfen zu haben, was er jedoch bestreitet. Später erzählte Mohammad Faisal Abu Sakha seinen Zirkuskolleg_innen, dass ihm ein Militärrichter während der Haft gedroht habe, er werde "nie mehr zum Zirkus zurückkehren". Mohammad Faisal Abu Sakha befindet sich derzeit in Israel in Haft. Dies stellt einen Verstoß gegen die Vierte Genfer Konvention über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten dar, die festlegen, dass Gefangene, die zur Bevölkerung besetzter Gebiete gehören, auch in diesen Gebieten inhaftiert werden müssen. Verwandte von Palästinenser_innen, die im besetzten Westjordanland leben, erhalten nur unter großen Schwierigkeiten die Erlaubnis, Familienangehörige zu besuchen, die in Israel inhaftiert sind.

Die Praxis der Verwaltungshaft wird vorgeblich als Sondermaßnahme zur Inhaftierung von Personen eingeführt, die eine große und unmittelbare Gefahr für die Sicherheit darstellen. Seit Jahren setzt Israel diese Form der Haft jedoch auch gegen Personen ein, die in einem ordentlichen Gerichtsverfahren vor Gericht gestellt werden sollten oder für deren Festnahme keinerlei Gründe vorliegen. Verwaltungshaftanordnungen können immer wieder verlängert werden, und Amnesty International geht davon aus, dass einige Palästinenser_innen, die sich in israelischer Verwaltungshaft befinden, gewaltlose politische Gefangene sind, die allein wegen der Wahrnehmung ihrer Rechte auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit in Haft gehalten werden.

Viele Verwaltungshäftlinge treten in den Hungerstreik, um gegen ihre Inhaftierung ohne Anklageerhebung zu protestieren. Einer dieser Gefangenen, der Journalist Mohammed al-Qiq, befindet sich seit Ende November 2015 im Hungerstreik. Nach einem neuen Gesetz können die israelischen Militärbehörden ihm seit Kurzem drohen, ihn zwangsernähren zu lassen. Ein weiterer Verwaltungshäftling, Mohammed Allan, der sich etwa acht Wochen im Hungerstreik befunden hatte, wurde am 10. August 2015 auf die Intensivstation des israelischen Krankenhauses Soroka verlegt, wo das medizinische Personal sich jedoch weigerte, ihn zwangszuernähren. Er brach seinen Hungerstreik am 20. August ab, nachdem ein israelisches Gericht angeordnet hatte, seine Haft solle aus gesundheitlichen Gründen ausgesetzt werden. Er wurde daraufhin in das Krankenhaus Barzilai verlegt. Die israelische Polizei nahm ihn am 16. September erneut fest, als er das Krankenhaus verließ. Im November 2015 erfolgte seine endgültige Haftentlassung.

Das Ausmaß der Gewalt in Israel und den besetzten palästinensischen Gebieten ist seit dem 1. Oktober 2015 eskaliert. Die israelischen Behörden ergreifen weitverbreitet Strafmaßnahmen gegen die palästinensische Bevölkerung, nachdem Palästinenser_innen israelische Sicherheitskräfte und Zivilpersonen mit Messern und Schusswaffen angegriffen haben. Zu dem Vorgehen der israelischen Behörden gehören Massenfestnahme und willkürlichen Inhaftierungen, darunter auch Verwaltungshaft, sowie die Zerstörung von Häusern, die Familien von Palästinenser_innen gehören, denen Angriffe gegen Israel_innen vorgeworfen werden. Zudem verhängen die israelischen Behörden zusätzliche, willkürliche Einschränkungen des Rechts auf Bewegungsfreiheit gegen Palästinenser_innen. Israelische Sicherheitskräfte setzen zunehmen exzessive Gewalt, in einigen Fällen auch tödliche Gewalt, gegen Palästinenser_innen im gesamten Westjordanland an, darunter in Ostjerusalem und dem Gazastreifen. Die israelischen Behörden haben Palästinenser_innen bislang nicht ausreichend vor Angriffen durch israelische Siedler_innen – vor allem in Hebron und Ostjerusalem – geschützt.