Amnesty Report 07. Juni 2016

Mosambik 2016

 

Niemand wurde für den Mord an einem Verfassungsrechtler, der erklärt hatte, dass ein Vorschlag der Opposition zur Autonomie der Provinzen verfassungskonform sei, zur Verantwortung gezogen. Zwei Männer wurden von der Staatsanwaltschaft wegen einer die Staatssicherheit gefährdenden Straftat angeklagt, weil sie den ehemaligen Präsidenten Armando Guebuza kritisiert hatten. Es trat ein neues Strafgesetzbuch in Kraft, und mehrere Gesetze, die Auswirkungen auf die Rechte von Frauen und Mädchen hatten, wurden verabschiedet.

Hintergrund

Filipe Nyusi von der regierenden Mosambikanischen Befreiungsfront (Frente da Libertação de Moçambique – FRELIMO) legte am 15. Januar 2015 seinen Amtseid als Präsident ab. Bei der Wahl im Oktober 2014 hatte er 57% der Stimmen erhalten.

Afonso Dhlakama, Vorsitzender der Nationalen Mosambikanischen Widerstandsbewegung (Resistência Nacional Moçambicana – RENAMO), der größten Oppositionspartei des Landes, erkannte das Wahlergebnis nicht an und boykottierte die Parlamentseröffnung im Januar 2015. Während des ganzen Jahres setzte sich die RENAMO mit Kampagnen für die Autonomie der Provinzen im Zentrum und im Süden von Mosambik ein, in denen die Partei eigenen Angaben zufolge die meisten Stimmen erhalten hatte. Im April 2015 lehnte das Parlament einen von der RENAMO eingebrachten Gesetzentwurf ab, mit dem die regionale Autonomie geregelt werden sollte.

Die angespannte Lage in Mosambik in den Monaten nach den Wahlen führte dazu, dass es im September 2015 erneut zu Zusammenstößen zwischen den mosambikanischen Streitkräften und den Milizen der RENAMO kam. Am 13. September wurde die Fahrzeugkolonne von Afonso Dhlakama während einer Wahlkampftour durch die Provinz Manica von Schüssen getroffen. Das Ergebnis einer Untersuchung des Zwischenfalls stand Ende des Jahres noch aus.

Die seit zehn Jahren unverändert hohe Armut im Land trug zu sozialen Unruhen bei.

Gesetzliche Entwicklungen

Der Ministerrat billigte im Oktober 2015 die Durchführungsverordnung bezüglich des Informationsfreiheitsgesetzes, das im Dezember 2014 in Kraft getreten war. In dem Gesetz ist die Verantwortung staatlicher Behörden und privater Einrichtungen im Zusammenhang mit der Freigabe und Verbreitung von Informationen definiert, die von öffentlichem Interesse sind. Des Weiteren sind in dem Gesetz Fristen für die Übermittlung der Informationen und ein Rechtsmechanismus für den Fall festgelegt, dass ein Antrag auf die Bereitstellung von Informationen abgelehnt wird.

Im Juni 2015 trat ein neues Strafgesetzbuch in Kraft. Es enthält eine Reihe positiver Neuerungen, wie die teilweise Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen, die Möglichkeit, als Alternative zu Haftstrafen Strafen ohne Freiheitsentzug zu verhängen, und die Kriminalisierung von umweltschädigenden Handlungen.

Nach dem neuen Strafgesetzbuch ist ein Schwangerschaftsabbruch dann legal, wenn die Schwangerschaft ein Risiko für die Gesundheit der Mutter oder des Fötus darstellt, wenn sie die Folge von Vergewaltigung oder Inzest ist oder wenn der Abbruch in den ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft in einem offiziellen Gesundheitszentrum durch qualifiziertes medizi-nisches Fachpersonal vorgenommen wird.

Die Tatsache, dass noch eine Durchführungsverordnung zur Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen gebilligt werden musste und dass die Strafprozessordnung nicht überarbeitet wurde, beeinträchtigten jedoch die Anwendung des neuen Strafgesetzbuchs.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Am 19. Juni 2015 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen Carlos Nuno Castel-Branco wegen einer die Staatssicherheit gefährdenden Straftat, weil er den ehemaligen Präsidenten Guebuza "verleumdet" haben soll. Die Anklage stützte sich auf einen offenen Brief, den Carlos Nuno Castel-Branco im November 2013 auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht hatte. Darin war die Regierungsführung von Armando Guebuza kritisiert worden.

Der Facebook-Eintrag wurde später in der Zeitung Mediafax veröffentlicht, weshalb Fernando Mbanze, Redakteur der Zeitung, wegen "Missbrauchs der Pressefreiheit" und Verstoßes gegen das Gesetz über die nationale Sicherheit angeklagt wurde.

Das Gericht des Stadtbezirks Kampfumo sprach beide Männer am 16. September 2015 mit der Begründung frei, dass die Veröffentlichung eines Briefes nach nationalem Recht keine Straftat darstelle. Die Staatsanwaltschaft legte gegen das Urteil ein Rechtsmittel ein, das zum Jahresende noch anhängig war.

Am 3. März 2015 wurde der Verfassungsrechtler Gilles Cistac in der mosambikanischen Hauptstadt Maputo von vier Männern erschossen. Der prominente Rechtswissenschaftler hatte öffentlich erklärt, dass die Vorschläge der RENAMO über die Einrichtung autonomer Provinzregierungen verfassungskonform seien. Diese Äußerungen waren bei der FRELIMO auf Kritik gestoßen. Am 7. März gingen in Maputo Hunderte Menschenrechtsaktivisten und Studierende auf die Straße, um für die Ermordung von Gilles Cistac Gerechtigkeit einzufordern. Die Polizei leitete zwar Ermittlungen ein, bis Ende 2015 waren die Täter jedoch nicht ausfindig gemacht worden.

Willkürliche Inhaftierungen

Das dritte Jahr in Folge verstrich, ohne dass Schritte eingeleitet wurden, um diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die für die willkürliche und rechtswidrige Inhaftierung von José Capitine Cossa verantwortlich waren. Bis zu seiner Haftentlassung 2012 war er über zwölf Jahre ohne Anklage und Verfahren im Hochsicherheitsgefängnis von Machava inhaftiert.

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