Amnesty Report Mongolei 10. Mai 2011

Mongolei 2011

Amtliche Bezeichnung: Mongolei Staatsoberhaupt: Tsachiagiin Elbegdordsch Regierungschef: Süchbaataryn Batbold Todesstrafe: nicht abgeschafft Einwohner: 2,7 Mio. Lebenserwartung: 67,3 Jahre Kindersterblichkeit (m/w): 49/40 pro 1000 Lebendgeburten Alphabetisierungsrate: 97,3%

Im Januar 2010 verkündete der Präsident ein Hinrichtungsmoratorium. Beamte mit Polizeibefugnissen begingen nach wie vor Menschenrechtsverletzungen, ohne dafür strafrechtlich zur Verantwortung gezogen zu werden. Straffreiheit für Folter und andere Misshandlungen blieb weit verbreitet.

Hintergrund

Im November wurde die Menschenrechtssituation in der Mongolei im Rahmen der Universellen Regelmäßigen Überprüfung (UPR) durch die UN begutachtet. Der UN-Ausschuss gegen Folter überprüfte die Lage in der Mongolei zum ersten Mal, seitdem das Land im Jahr 2000 das UN-Übereinkommen gegen Folter ratifiziert hatte.

Die Arbeitsgruppe des parlamentarischen Unterausschusses für Menschenrechte konnte keine Fortschritte verzeichnen. Sie war im Jahr 2009 eingesetzt worden, um Vorwürfe zu untersuchen, wonach Beamte mit Polizeibefugnissen für Folter und andere Misshandlungen, unfaire Prozesse sowie rechtswidrige Festnahmen während des Aufruhrs vom 1. Juli 2008 verantwortlich gewesen sein sollen. Im Jahr 2010 kam es zu keinem weiteren Treffen der Arbeitsgruppe.

Straflosigkeit

Beschwerden gegen Angehörige der Sicherheitskräfte zogen nur selten strafrechtliche Ermittlungen nach sich. Die Regierung gab bekannt, dass der Staatsanwaltschaft 108 Klagen wegen Folter oder anderer Misshandlungen vorlägen und in 38 dieser Fälle Ermittlungen aufgenommen worden seien. Die Behörden unternahmen nichts, um Angriffe gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender-Personen zu verhindern oder zu untersuchen und die Täter zu bestrafen.

Zwei Jahre nach dem Aufruhr von 2008 bestätigte die Staatsanwaltschaft, dass sie kein Strafverfahren gegen die vier hochrangigen Polizeibeamten und zehn Polizisten einfacher Dienstränge einleiten werde, die beschuldigt worden waren, die Anwendung scharfer Munition autorisiert bzw. scharfe Munition eingesetzt und dabei vier Personen getötet zu haben. Diese Entscheidung widersprach den menschenrechtlichen Verpflichtungen der Mongolei sicherzustellen, dass willkürlicher oder exzessiver Einsatz von Gewalt, einschließlich Gewaltanwendung mit tödlichem Ausgang, als Straftat geahndet wird.

  • Im Oktober 2010 wurde Bat Khurts, Leiter des Nationalen Sicherheitsrats der Mongolei, auf dem Londoner Flughafen Heathrow aufgrund eines europäischen Haftbefehls festgenommen. Gegen ihn war im Zusammenhang mit der in Frankreich erfolgten Entführung des mongolischen Staatsbürgers Enkhbat Damiran gefahndet worden. Enkhbat Damiran war 2003 verschleppt und über Deutschland in die Mongolei gebracht worden, wo man ihn gefoltert hatte. Bat Khurts wurde in Großbritannien inhaftiert und wartete auf seine Auslieferung nach Deutschland. Nachdem seine Festnahme bekanntgeworden war, sollen Sympathisanten von Bat Khurts Vergeltungsmaßnahmen gegen den Bruder von Enkhbat Damiran ergriffen und Journalisten bedroht haben, die über den Vorfall berichtet hatten.

Todesstrafe

Am 14. Januar 2010 verkündete der Präsident ein Hinrichtungsmoratorium. Es sah die Umwandlung von Todesurteilen gegen Personen, die ein Gnadengesuch einreichen, in eine 30-jährige Gefängnisstrafe vor. Informationen über die Anwendung der Todesstrafe blieben Staatsgeheimnis. Ein Gesetzentwurf zur Ratifizierung des 2. Fakultativprotokolls zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, das die Abschaffung der Todesstrafe zum Ziel hat, wurde dem Parlament im Oktober vorgelegt. Im Dezember stimmte die Mongolei in der UN-Generalversammlung für eine Resolution, mit der ein weltweites Hinrichtungsmoratorium gefordert wurde.

Folter und andere Misshandlungen

Die Sonderermittlungseinheit, die damit beauftragt war, Beschwerden gegen Staatsbeamte zu untersuchen, war weder mit ausreichendem Personal noch genügend finanziellen Mitteln ausgestattet, um ihr Mandat erfüllen zu können. Im November drängte der UN-Ausschuss gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe die Behörden, das Strafgesetzbuch mit internationalen Standards in Einklang zu bringen. Der UN-Ausschuss forderte die Einführung einer systematischen Video- und Audioüberwachung aller Verhöre an Orten, an denen die Anwendung von Folter und anderen Misshandlungen wahrscheinlich ist. Er drängte die Behörden außerdem sicherzustellen, dass in Fällen von Folter gegen die mutmaßlichen Täter ermittelt wird und bei sich erhärtenden Verdachtsmomenten strafrechtliche Schritte eingeleitet werden.

Recht auf angemessenes Wohnen

Die Bewohner informeller Siedlungen litten unter fehlendem Zugang zu Grundversorgungseinrichtungen wie angemessenem Wohnraum, Infrastruktur, Sanitäreinrichtungen und Abwasserentsorgung. Luft- und Bodenverschmutzung, die durch das Heizen mit kohlebetriebenen Öfen und unzureichenden Dienstleistungen etwa im Bereich der Abfallbeseitigung verursacht wurden, trugen zu ernsthaften gesundheitlichen Risiken bei und führte beispielsweise zu Erkrankungen der Atemwege und zu Hepatitis.

Rechtliche Entwicklungen

Im Juli 2010 ratifizierte die Mongolei als zweiter Staat das Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte.

Amnesty International: Berichte

Mongolia: Submission to the UN Universal Periodic Review, November – December 2010 (ASA 30/001/2010)

Mongolia: Submission to the UN Human Rights Committee for the Pre-Sessional Meeting of the Country Report Taskforce (ASA 30/007/2010)

Mongolia: Briefing to the UN Committee against Torture (ASA 30/007/2010)

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