Amnesty Report Ägypten 25. Mai 2009

Ägypten 2009

 

Amtliche Bezeichnung: Arabische Republik Ägypten Staatsoberhaupt: Muhammad Hosni Mubarak Regierungschef: Ahmed Nazif Todesstrafe: nicht abgeschafft Einwohner: 76,8 Mio. Lebenserwartung: 70,7 Jahre Kindersterblichkeit (m/w): 37/29 pro 1000 Lebendgeburten Alphabetisierungsrate: 71,4%

Die erneute Ausrufung des Notstands für weitere zwei Jahre stieß allgemein auf Kritik. Steigende Lebensmittelpreise und die wachsende Armut der Bevölkerung führten zu Streiks im öffentlichen und privaten Sektor. Einige Kundgebungen mündeten in gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten. Mehreren Teilnehmern an Kundgebungen wurde der Prozess gemacht, z.T. vor Notstandsgerichten. Ein Erdrutsch im Kairoer Armenviertel al-Duwayqah kostete im September 2008 mindestens 100 Menschen das Leben. Das Unglück machte einmal mehr die Misere der Slumbewohner deutlich, zu denen Schätzungen zufolge fast ein Drittel der Bevölkerung der Hauptstadt zählt. Journalisten waren weiterhin von Haftstrafen wegen Verleumdung oder anderer Anklagen bedroht. Hunderte von politischen Aktivisten, vor allem Anhänger der Muslimbruderschaft, wurden festgenommen, u.a. im Vorfeld der Kommunalwahlen im April. Während ein neues Antiterrorgesetz noch immer in Vorbereitung war, blieben Tausende von politischen Gefangenen unter der Notstandgesetzgebung in Verwaltungshaft. Viele von ihnen befanden sich bereits seit mehr als einem Jahrzehnt in Gewahrsam. Folterungen und andere Misshandlungen waren weit verbreitet. Migranten, die versuchten, die ägyptische Grenze nach Israel zu überqueren, wurden von ägyptischen Sicherheitskräften getötet. Rund 1200 Asylbewerber aus Eritrea wurden in ihr Heimatland abgeschoben, obwohl ihnen dort Menschenrechtsverletzungen drohten. Die Praxis der weiblichen Genitalverstümmelung wurde gesetzlich verboten.

Rechtliche Entwicklungen

Im April wurde ein Gesetz verabschiedet, wonach Demonstrationen in Gotteshäusern verboten sind. Verstöße dagegen können mit einer Haftstrafe von bis zu einem Jahr geahndet werden. Im Rahmen einer Änderung des Gesetzes zum Schutz des Kindes wurden im Juni die weibliche Genitalverstümmelung verboten sowie die Eheschließung von Minderjährigen unter 18 Jahren. Frauen dürfen ihre Kinder nun unter ihrem eigenen Familiennamen anmelden. Außerdem wurden der Verkauf und die sexuelle Belästigung von Kindern sowie deren Ausbeutung mit Gefängnisstrafen belegt.

Mehrere Gesetzentwürfe bedrohten die Menschenrechte. Ein Entwurf für ein Mediengesetz wurde heftig diskutiert, weil das Recht auf freie Meinungsäußerung dadurch stark eingeschränkt werden könnte. Journalisten, denen künftig Verstöße gegen "den sozialen Frieden", "die nationale Einheit", "die öffentliche Ordnung" und "öffentliche Werte" nachgewiesen werden, drohen demnach Haftstrafen von bis zu drei Jahren.

Der Notstand, der seit 1981 ununterbrochen in Kraft ist, wurde im Mai erneut verlängert. Die Einführung eines neuen Antiterrorgesetzes stand noch aus. Es ist zu erwarten, dass dieses Gesetz die Behörden dauerhaft mit Notstandsvollmachten ausstatten wird, durch die bereits jetzt schweren Menschenrechtsverletzungen Vorschub geleistet wird.

Justizsystem

Militär- und Sondergerichte

Vor Militär- und Sondergerichten fanden nach wie vor grob unfaire Gerichtsverfahren statt. Unter den Angeklagten, denen vor Militärgerichten der Prozess gemacht wurde, befanden sich auch Zivilisten. Dies stellt eine Verletzung der internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren dar.

  • 25 Mitglieder der Muslimbruderschaft wurden im April 2008 vom Militärgericht in Heikstep zu Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren verurteilt. Gegen sieben von ihnen erging das Urteil in Abwesenheit. Khairat al-Shatir, ein Anführer der Muslimbruderschaft, wurde zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt. 15 Angeklagte wurden freigesprochen und aus der Haft entlassen, dürfen aber nicht ins Ausland reisen. Alle waren wegen Terrorismusverdacht und Geldwäsche angeklagt, was die Beschuldigten jedoch abstritten. Sie legten Rechtsmittel ein. Beobachter von Amnesty International durften dem Gerichtsverfahren nicht beiwohnen.

  • Im August 2008 begann vor dem Obersten (Notstands-)Staatssicherheitsgericht in Tanta der Prozess gegen 49 Personen, denen vorgeworfen wurde, an gewaltsamen Protesten am 6. April beteiligt gewesen zu sein (siehe unten). Die Beschuldigten gaben an, sie hätten neun Tage lang Augenbinden tragen müssen und wären von Beamten des Staatlichen Sicherheitsdienstes (State Security Investigation – SSI) in Mahalla al-Kubra und am Lazoghly-Platz in Kairo nach ihrer Festnahme gefoltert worden. Sie berichteten von Schlägen, Elektroschocks und von Drohungen, dass man ihre weiblichen Verwandten sexuell missbrauchen werde. Die Behörden leiteten keine unabhängige Untersuchung dieser Beschwerden ein. Die offenbar unter Folter zustande gekommenen "Geständnisse" dienten als Hauptbeweismittel im Verfahren. 22 der Angeklagten wurden im Dezember zu Haftstrafen von bis zu fünf Jahren verurteilt.

Verwaltungshaft

Das Innenministerium erklärte im Januar, die Zahl der "Verwaltungshäftlinge" – Personen, die auf Anordnung des Innenministeriums festgehalten werden – betrage nicht mehr als 1500. Inoffizielle Quellen gehen jedoch von wesentlich höheren Zahlen aus. Es wird angenommen, dass sich bis zu 10000 Personen in Verwaltungshaft befinden, darunter auch Häftlinge, die bereits seit Jahren ohne Anklage oder Gerichtsverfahren in Gewahrsam sind. Die Gefangenen lebten häufig unter Bedingungen, die grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung gleichkamen. Manche sind offenbar aufgrund der Haftbedingungen erkrankt. Viele Häftlinge wurden trotz wiederholter gerichtlicher Anordnung zur Haftentlassung weiterhin gefangen gehalten. Im August erklärte sich das Innenministerium bereit, Entschädigungen in Höhe von insgesamt 10 Mio. Ägyptischen Pfund (ca. 1,87 Mio. US-Dollar) an etwa 1000 Islamisten zu zahlen, die in den 1990er Jahren ohne Gerichtsverfahren oder trotz gerichtlicher Anordnungen auf Entlassung inhaftiert waren.

  • Musaad Suliman Hassan (bekannt als Musaad Abu Fagr), ein Schriftsteller und Gründer der im Sinai-Gebiet ansässigen Bewegung Wedna Na’ish (Wir wollen leben), wurde auf Veranlassung des Innenministers im Borg Al-Arab-Gefängnis in Alexandria und später im Abu Zaabal-Gefängnis in Kairo festgehalten, obwohl mehrere Gerichte seine Freilassung angeordnet hatten. Der Minister verfügte seine Festnahme im Februar 2008, nachdem ein Gericht in El-Arish Musaad Suliman Hassan von allen Anklagen freigesprochen hatte. Ihm war vorgeworfen worden, zum Protest aufgewiegelt und Widerstand gegen die Behörden geleistet zu haben. Hintergrund waren Demonstrationen im Juli und Dezember 2007, auf denen gefordert wurde, die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte der Beduinen auf dem Sinai zu achten. Daraufhin war er im Dezember 2007 festgenommen worden.

Antiterrormaßnahmen und Sicherheit

In den Gefängnissen befand sich immer noch eine unbekannte Anzahl von ägyptischen Staatsbürgern, die unter Terrorismusverdacht standen. Sie waren in den vergangenen Jahren von den US-Behörden und anderen Regierungen gegen ihren Willen nach Ägypten überstellt worden. Einige gaben an, von den ägyptischen Sicherheitskräften gefoltert worden zu sein.

Folterungen und Misshandlungen

Folterungen und andere Misshandlungen kamen in den Polizeiwachen, den Gefängnissen und den Haftzentren des SSI systematisch zur Anwendung. Die meisten der Täter gingen straffrei aus. Die Polizei bedrohte die Opfer mit erneuten Verhaftungen oder der Festnahme von Verwandten, falls sie Beschwerde einlegten. Dennoch wurden einige mutmaßliche Folterer 2008 vor Gericht gestellt.

  • Im Oktober starb Mervat Abdel Salam, nachdem Polizeibeamte ihr Haus in Samalut im Gouvernement Minya gestürmt hatten. Während der Befragung durch die Polizei wurde sie offenbar geschlagen. Obwohl Mervat Abdel Salam schwanger war und blutete, schlossen die Polizisten sie Berichten zufolge in ihrem Haus ein und verzögerten somit ihre medizinische Versorgung. Nachdem ihre Familie bei der Staatsanwaltschaft Beschwerde eingelegt hatte, wurde eine Untersuchung des Vorgangs angeordnet. Laut dem ersten gerichtsmedizinischen Befund waren keine äußerlichen Anzeichen von Gewalteinwirkung zu erkennen, obwohl ihre Familie Verletzungen festgestellt hatte. Die Rechtsanwälte der Familie forderten daraufhin eine unabhängige gerichtsmedizinische Untersuchung. Diese ergab später, dass körperliche Gewalt gegen sie angewendet worden war. Die Polizei nahm mehrere Angehörige von Mervat Abdel Salam fest, offenbar um die Familie unter Druck zu setzen, die Klage zurückzunehmen.

Tod in Gewahrsam

Es gab Berichte über eine Reihe von Todesfällen in Gewahrsam, offenbar infolge von Folterungen und anderen Misshandlungen.

  • Ali Muhammad Muhammad Abd-al-Salam starb am 8. September 2008 im Gefängnis von Asyut in Oberägypten. Mitgefangene sagten aus, ein Gefängniswärter habe ihn angegriffen und getötet. Das Innenministerium teilte jedoch mit, der Gefangene, der in Einzelhaft gesessen habe, sei nach einem Streit mit anderen Gefangenen gestorben.

Recht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit

Die Regierung ging ab April 2008 verstärkt gegen politische Oppositionsgruppen vor, vor allem gegen die Muslimbruderschaft. Am 5. April, drei Tage vor den Kommunalwahlen und einen Tag vor einem geplanten Generalstreik, verbot die Regierung jegliche Demonstrationen. Trotzdem fanden in Mahalla al-Kubra, nördlich von Kairo, sowie in anderen Städten Protestkundgebungen statt, die gewaltsam beendet wurden. Die übermäßige Gewaltanwendung seitens der Sicherheitskräfte führte dazu, dass mindestens drei Menschen erschossen und zahlreiche weitere verletzt wurden.

  • Am 23. Juli wurden 14 Mitglieder der Gruppe 6 April Youth Movement während einer friedlichen Kundgebung in Alexandria festgenommen. Der Gruppe gehören Blogger, Aktivisten und weitere Personen an, die zu einem Generalstreik am 6. April aufgerufen hatten, um die streikenden Textilarbeiter in Mahalla al-Kubra zu unterstützen. Einige der Festgenommenen wurden im Polizeigewahrsam misshandelt. Ende Juli und Anfang August wurden alle ohne Anklage freigelassen.

Recht auf Meinungsfreiheit

Die Behörden wandten repressive Gesetze an und gingen hart gegen Kritiker und Dissidenten vor. Journalisten wurden wegen Verleumdung und anderer Tatbestände strafrechtlich verfolgt, Bücher und Ausgaben ausländischer Zeitungen unterlagen der Zensur, und die ägyptischen Medien litten unter Beschränkungen. Einige Internetseiten wurden gesperrt, und Blogger, die die Regierung kritisierten, wurden festgenommen. Mehrere ausländische Satelliten-Sender mussten ihre Büros in Kairo schließen und durften in Ägypten nicht mehr senden. Der Direktor der Kairoer Nachrichtengesellschaft musste 150000 Ägyptische Pfund (ca. 27000 US-Dollar) Strafe zahlen. Sein Aufnahme-Equipment wurde beschlagnahmt, weil er einen Bericht gesendet hatte, in dem zu sehen war, wie Demonstranten im April in Mahalla al-Kubra ein Poster mit dem Bild von Präsident Mubarak zerstörten.

  • Im März 2008 wurde Ibrahim Eissa, der Herausgeber der Tageszeitung al-Dustour, zu sechs Monaten Haft verurteilt. Die Strafe wurde in einem Berufungsverfahren im September auf zwei Monate verkürzt. Ibrahim Eissa hatte in einem Artikel den guten Gesundheitszustand des Präsidenten infrage gestellt. Die Anklage berief sich auf das Strafgesetz und warf ihm Verbreitung von Informationen vor, die dem öffentlichen Interesse und der nationalen Stabilität schadeten. Der Präsident begnadigte Ibrahim Eissa im Oktober. Im August wurde eine Ausgabe von al-Dustour zensiert.

Menschenrechtsverteidiger

Menschenrechtsverteidiger, darunter auch Rechtsanwälte, die versuchten, Misshandlungen öffentlich zu machen oder Folteropfer zu verteidigen, wurden schikaniert und von den Behörden strafrechtlich verfolgt. Im März durfte sich der größte unabhängige Gewerkschaftsverband Ägyptens (Centre for Trade Union and Workers’ Services – CTUWS) als NGO registrieren lassen und seine Arbeit wieder aufnehmen. Der CTUWS war 2007 von den Behörden geschlossen worden. Im Oktober gewann die Vereinigung für Menschenrechte und Rechtshilfe (Association for Human Rights Legal Aid – AHRLA) einen Prozess gegen ihre Schließung.

  • Am 30. 2008 April erlitt Magda Adly, die Direktorin des Nadim-Zentrums, das wichtige Hilfe für Folteropfer bereitstellt, Knochenbrüche und andere Verletzungen, als sie im Kafr-al-Dawwar-Gerichtsgebäude überfallen wurde. Der Angreifer wurde von Passanten festgehalten. Er sagte aus, die Tat im Auftrag eines lokalen Polizeibeamten begangen zu haben.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Im Juni 2008 wurde das Gesetz zum Schutz des Kindes geändert. Weibliche Genitalverstümmelung ist künftig verboten, so sie nicht "aus medizinischen Gründen erforderlich" ist. Es wird befürchtet, dass diese Einschränkung das Verbot unterminieren könnte. Verstöße gegen das neue Gesetz werden mit einer Gefängnisstrafe von bis zu zwei Jahren oder mit einer hohen Geldstrafe geahndet.

Im Oktober verurteilte ein Gericht in Kairo einen Mann zu drei Jahren Haft, weil er wiederholt langsam neben einer Frau hergefahren war und sie unsittlich berührt hatte.

Diskriminierung von mutmaßlich homosexuellen Männern

Bei Razzien, die ab Oktober 2007 in Kairo und Alexandria stattfanden, wurden 24 Männer festgenommen. Man klagte sie wegen "gewohnheitsmäßigen Ausschweifungen" an, ein Vorwurf, der häufig zur strafrechtlichen Verfolgung von einvernehmlichem Geschlechtsverkehr zwischen Männern herangezogen wird. In Kairo wurden zwölf Männer unter dem Verdacht festgenommen, HIV-positiv zu sein. Sie wurden von der Polizei gefoltert und misshandelt, u.a. wurden sie geschlagen und ohne ihr Einverständnis auf HIV/AIDS getestet. Männer, deren Test eine HIV-Infektion ergab, wurden bis Februar an ihre Krankenhausbetten gekettet. Erst nach internationalen Protesten ordnete das Ministerium für Gesundheit und Bevölkerung an, die Männer loszumachen. Die meisten wurden zwangsweise analen Untersuchungen unterzogen, die "beweisen" sollten, dass die Männer homosexuelle Kontakte hatten. Derartige Untersuchungen ohne Einverständnis des Betroffenen gelten als Folter. Neun der Männer wurden später zu Gefängnisstrafen zwischen einem und drei Jahren verurteilt. Die Anklagen gegen drei weitere Männer wurden fallengelassen. Vier der Männer, die zu einem Jahr Haft verurteilt worden waren, kamen im September 2008 nach Verbüßung von drei Vierteln ihrer Strafen vorzeitig frei.

Die zweijährigen Haftstrafen von elf der zwölf im April 2008 in Alexandria festgenommenen Männer wurden im August von einem Gericht in Alexandria bestätigt. Alle Angeklagten mussten zwangsweise anale Untersuchungen über sich ergehen lassen.

Diskriminierung religiöser Minderheiten

Das Oberste Verwaltungsgericht hob im Januar eine Anordnung der Regierung auf und entschied, dass Anhänger der Glaubensgemeinschaft der Baha’i, deren Religion nicht staatlich anerkannt ist, Personalausweise erhalten können, ohne Angaben zu ihrer Konfession machen zu müssen. Im Februar entschied das Gericht, dass koptische Christen, die nach dem Übertritt zum Islam wieder zum Christentum zurückkehren wollen, diese Änderung in ihrem Personalausweis eintragen lassen können. Trotz dieser Urteile setzten die Behörden die Vorschriften des Gerichts nur sehr zögernd um. Personalausweise sind jedoch dringend notwendig, um grundlegende staatliche Dienstleistungen in Anspruch nehmen zu können.

Berichten zufolge gab es vermehrt sektiererische Angriffe auf die Gemeinschaft der koptischen Christen, der in Ägypten 6 – 8 Mio. Menschen angehören. Vereinzelte Zusammenstöße zwischen koptischen Christen und Muslimen forderten acht Todesopfer.

Todesstrafe

Im Jahr 2008 wurden mindestens 87 Todesurteile gefällt und mindestens zwei Menschen hingerichtet. Die Anwendung der Todesstrafe war zunehmend Gegenstand von Diskussionen. Eine Konferenz von Richtern und Juristen beschloss, sich dafür einzusetzen, dass Vergehen, die mit der Todesstrafe geahndet werden können, begrenzt werden.

Ägypten stimmte gegen die UN-Resolution über ein weltweites Moratorium für Hinrichtungen, als diese im Dezember von der UN-Generalversammlung verabschiedet wurde.

Migranten, Flüchtlinge und Asylsuchende

Die Sicherheitskräfte wandten exzessive Gewalt gegen Migranten an, die versuchten, die Grenze zwischen Ägypten und Israel zu überqueren. Unter den überwiegend aus dem Sudan und aus Eritrea stammenden Personen befanden sich vermutlich auch Flüchtlinge und Asylsuchende. 28 Menschen wurden von den Sicherheitskräften erschossen und zahlreiche verletzt. Hunderte Migranten wurden vor ein Militärgericht gestellt. Die Anklage lautete auf "Versuch, die östliche Grenze Ägyptens zu überschreiten". Keiner der Flüchtlinge erhielt Zugang zu Vertretern des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge in Ägypten, um Asyl beantragen zu können. Viele Migranten, u.a. aus dem Sudan und aus Eritrea, wurden zwangsweise in ihre Heimatländer überstellt, in denen ihnen schwere Menschenrechtsverletzungen drohten.

  • Im Juni 2008 wurden bis zu 1200 eritreische Asylsuchende nach Eritrea abgeschoben, wo sie Folter und andere schwere Menschenrechtsverletzungen befürchten mussten. Die meisten wurden von den eritreischen Behörden sofort festgenommen und in militärischen Ausbildungslagern inhaftiert.

Recht auf Wohnraum

Mehr als 100 Bewohner des Armenviertels al-Duwayqah in Kairo kamen bei einem Erdrutsch am 6. September 2008 ums Leben. Zwar hatte es Hinweise auf eine mögliche Katastrophe gegeben, da Wasser aus dem Berghang von al-Moqattam sickerte, die Behörden unternahmen jedoch nichts, um das Unglück abzuwenden. Nach einer ähnlichen Tragödie im benachbarten Armenviertel von Zabaleen im Jahr 1993 hatte die Regierung 1999 die Räumung des Viertels al-Duwayqah angeordnet. Viele der Bewohner weigerten sich allerdings zu gehen, da die Behörden es offenbar versäumt hatten, ihnen angemessene Ausweichquartiere zur Verfügung zu stellen.

Die Polizei sperrte das Katastrophengebiet weiträumig ab und verweigerte Journalisten und humanitären Hilfsorganisationen den Zugang. Die Armee und der ägyptische Rote Halbmond errichteten allerdings Lager für die Überlebenden. Nach Protesten der Überlebenden konnten die meisten von ihnen, wenn auch nicht alle, Ausweichquartiere beziehen. Die Staatsanwaltschaft leitete offensichtlich eine Untersuchung der Todesfälle ein.

Die Tragödie bewies einmal mehr, welchen Risiken viele Bewohner der ägyptischen Armenviertel ausgesetzt sind. Offiziellen Angaben zufolge leben 5 – 11 Mio. Menschen in den rund 1000 dicht bevölkerten Armenvierteln (ashwaiyya), in denen es an grundlegenden Versorgungseinrichtungen mangelt.

Recht auf Gesundheit

Am 4. September 2008 fällte ein Verwaltungsgericht in Kairo ein Urteil über ein Dekret des Ministerpräsidenten in Bezug auf das Gesundheitswesen. Dieser hatte im Jahr 2007 verfügt, dass die staatliche gemeinnützige Krankenversicherungsgesellschaft samt ihres Kapitals und ihren Tochterunternehmen in eine Holding umgewandelt werde (Egyptian Healthcare Holding Company). Nach Auffassung des Gerichts wird der Staat damit nicht seiner gesetzlichen Verpflichtung gerecht, die Gesundheitsversorgung seiner Bürger zu garantieren. Die Umwandlung stelle auch eine Verletzung der Verfassung des Landes dar und gefährde die Umsetzung der Verpflichtungen, die Ägypten im Rahmen seines Beitritts zum Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte eingegangen sei. Das Gericht argumentierte, dass Menschen mit geringem Einkommen sich dann keine Gesundheitsversorgung mehr leisten könnten. Weiterhin stellten die Richter fest, dass für eine Regierung das Recht auf medizinische Versorgung zu einem vernünftigen Preis maßgeblich sein müsse, wenn sie neue verwaltungstechnische Verfahren einführen wolle.

Amnesty International: Missionen und Berichte

Delegierte von Amnesty International statteten Ägypten im Februar einen Besuch ab. Es gelang ihnen jedoch nicht, einen Prozess vor einem Militärgericht zu beobachten. Im Mai und im Juli nahmen Vertreter von Amnesty International an Konferenzen und Workshops teil.

Egypt: 117 NGOs slam HIV-based arrests and trials – doctors helping police denounced for breaching medical ethics, human rights (7 April 2008) Egypt: Sentences against Muslim Brothers a perversion of justice (15 April 2008) Egypt: Deadly journeys through the desert (MDE 12/015/2008) Egypt: No justice for 49 facing trail before emergency court (MDE 12/019/2008) Egypt: Amnesty International voices concern over pattern of reckless policing (MDE 12/023/2008)

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