Aktuell Ukraine 10. September 2014

Ukraine-Konflikt: Beide Seiten begehen Kriegsverbrechen

Satellitenbilder liefern Beweise dafür, dass Russland unmittelbar in den Konflikt eingreift

Satellitenbilder liefern Beweise dafür, dass Russland unmittelbar in den Konflikt eingreift

09. September 2014 - Amnesty International spricht erstmals von einem internationalen bewaffneten Konflikt in der Ukraine und wirft sowohl ukrainischen Milizen als auch den pro-russischen Separatisten Kriegsverbrechen vor. Kürzlich veröffentlichte Satellitenbilder belegen, dass Russland den Konflikt zusätzlich anheizt und die Separatisten unterstützt. Die Bilder zeigen neu errichtete russische Waffen- und Artilleriedepots in der Ostukraine. Ein neuer Bericht dokumentiert zunehmende Verstöße und Kriegsverbrechen des paramilitärischen Aidar Bataillons in der Region im Norden von Luhansk.

Salil Shetty, Generalsekretär von Amnesty International und derzeit auf hochrangiger Mission in Kiew, forderte bei einem Treffen mit dem ukrainischen Premierminister Arsenij Jazenjuk, Verstöße und Kriegsverbrechen, die von pro-ukrainischen Milizen verübt werden, umgehend zu stoppen.  

"Gesetzlosigkeit und die Misshandlungen, die in den vormals von pro-russischen Separatisten kontrollierten Gebieten vorherrschten, dürfen nicht fortgeführt werden", sagte Shetty anlässlich der Veröffentlichung des Berichts.

Aidar ist eines von mehr als dreißig sogenannten Freiwilligenbataillons, die sich während des Konflikts gebildet haben. Sie sind lose in die ukrainische Sicherheitsstruktur integriert und haben das Ziel, die von Separatisten kontrollierten Gebiete zurückzuerobern.

Andriy (Name geändert), geschwächt von einer Chemotherapie zur Behandlung seines Lungenkrebses, befand sich am 27. August um 15 Uhr vor seinem Haus, als ihn zwei Aidar Kämpfer in Camouflage Uniform und mit automatischen Waffen entführten: "Sie brachen mir den Kiefer [...] als ich mich hinlegte und sie ,leg Dich auf den Boden!' schrien, einer von ihnen hat mich getreten [...] Sie verbanden mir die Augen mit Klebeband und fesselten meine Hände, auch mit Klebeband."

Amnesty dokumentierte zahlreiche Übergriffe des Aidar Bataillons, darunter Entführung, Raub, Misshandlung, Erpressung und vorgetäuschte Hinrichtungen. Bei manchen dieser Übergriffe handelt es sich um Kriegsverbrechen.

"Wenn ich wollte, könnte ich sie sofort verhaften, ihnen einen Sack über den Kopf ziehen und für 30 Tage wegen Verdachts auf Unterstützung der Separatisten einsperren", sagte ein Aidar Kommandant zu Amnesty International.

Er bestätigte auch, dass "vereinfachte Verfahren" für die Verhängung von Haftstrafen Usus seien und deutete an, dass das Bataillon über eigene Einrichtungen für ihre Gefangenen verfüge.

Amnesty International ruft die ukrainischen Behörden auf, sicherzustellen, dass alle Milizen, darunter auch das Aidar Bataillon, in wirksame Befehls- und Kommandostrukturen eingebettet werden. Außerdem müssen alle Vorwürfe über Völkerrechtsverstöße umgehend untersucht und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.

Lesen Sie mehr im Bericht "Ukraine: Abuses and war crimes by the Aidar Volunteer Battalion in the north Luhansk region"

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